Recht auf Vergessenwerden bei Google

Was passiert, wenn eine Suchmaschine einen Artikel auslisten soll, dessen Wahrheitsgehalt umstritten ist? Mit dieser Frage beschäftigte sich der Bundesgerichtshof. Dabei konnte er dies nicht abschließend klären und stellt nun Fragen zur Klärung an den europäischen Gerichtshof.

Das Verfahren (VI ZR 476/18)

Im vorliegenden Fall klagten ein Mann und seine Lebensgefährtin. Sie waren bei einem Finanzdienstleister tätig über dessen Produkte auf einer Website kritisch berichtet wurde. Hierbei waren auch Fotos von den beiden Klägern zu sehen. Beim Googlen ihrer Namen erschienen ihre Namen als Teil der Artikel in der Ergebnisliste. Zudem waren die Fotos als Vorschaubilder (thumbnails) zu sehen.

Google Suche auf einem mobilen Endgerät

Quelle: pixabay.com

Über das Geschäftsmodell der Website, auf der die Berichte erschienen, gibt es ebenfalls kritische Darstellungen. Hiernach heiße es, dass sie Unternehmen erpresse, indem sie zunächst negative Berichte veröffentliche und diese gegen eine Zahlung lösche bzw. die negative Berichterstattung verhindere.

Das Verfahren konnte durch den BGH nicht abschließend geklärt werden. Aus diesem Grund legte er nun zwei Fragen zur Vorabentscheidung an den EugH vor:

  1. Muss der Betroffene in zumutbarer Weise – z.B. durch eine einstweilige Verfügung – gegen den Websitebetreiber der verlinkten Inhalte vorgehen, wenn die dort behaupteten Tatsachen laut dem Betroffenem unwahr sind, um die Frage der Wahrheit oder Unwahrheit vorab zu klären?
  2. Ist der Kontext der Website maßgeblich zu berücksichtigen bei der Anzeige von Vorschaubildern (thumbnails) bei denen die Website zwar verlinkt, aber nicht konkret benannt und der sich daraus ergebende Kontext nicht mit angezeigt wird?

Hintergrund Frage 1:

Die Kläger bestreiten den Wahrheitsgehalt der Berichte und forderten deshalb Google zur Auslistung der Berichte auf. Google wendete ein, dass der Wahrheitsgehalt der Artikel nicht durch sie überprüft werden könne. Deshalb lehnt sie die Auslistung ab.

Dies wirft die Frage auf, wer den Wahrheitsgehalt überprüfen muss, um zu klären, ob eine Auslistung rechtmäßig ist. Muss der Betroffene gegenüber dem Suchmaschinenbetreiber die Unrichtigkeit der Aussagen belegen oder zumindest eine gewisse Evidenz der Unwahrheit aufzeigen? Muss der Suchmaschinenbetreiber die Behauptung der Kläger als richtig zugrunde legen? Muss der Suchmaschinenbetreiber den Sachverhalt aufklären?

Diese Fragen sind durch die Gesetzgebung nicht eindeutig zu klären. Deshalb gibt der BGH diese zur Klärung an den EugH weiter. Dabei bietet der BGH selbst eine mögliche Lösung an. Diese sieht vor, dass der Betroffene sich erst an den Websitebetreiber werden muss, um den Wahrheitsgehalt vorläufig zu klären. Dies solle in einer zumutbaren Weise, etwa durch eine einstweilige Verfügung geschehen. Der BGH begründet dies damit, dass der Suchmaschinenbetreiber zwar datenschutzrechtlich verantwortlich ist, aber eigentlich nur die Funktion eines Intermediärs also eines Vermittlers einnehme.

Hintergrund Frage 2:

In den Berichten wurden Fotos der Kläger verwendet, die sie vor Luxusautos, in einem Helikopter und vor einem Charterflugzeug zeigten. Hiermit sollte die Aussage bekräftigt werden, dass die „Hintermänner und Initiatoren […] im Luxus schwelgten, während sich Kunden, Mitarbeiter und Vertrieb fragten, ob die Investments noch sicher seien.“

Die Fotos wurden durch die Suchmaschine in die Bildersuche aufgenommen. Hierbei handelt es sich technisch um eine Verlinkung auf die Internetseite der Berichte und somit um einen Kontext. Es sei nach Ansicht des BGH allgemein bekannt, dass das Foto ursprünglich in einen bestimmten Kontext gehört. Hierdurch können diese Verlinkung als generelle Berücksichtigung des Kontextes angesehen werden.

Als Gegenposition gibt das BGH zu bedenken, dass der Kontext – im Gegensatz zur Listung von Ergebnisnachweisen – nicht benannt und somit auch nicht ersichtlich wird. Der oberflächliche Nutzer des Bildersuchdienstes sieht bloß die Vorschaubilder, ohne deren Herkunft und somit deren ursprünglichen Kontext nachzuvollziehen. Also „entkleidet [der Suchmaschinenverantwortliche] die Bilder […] ihres Kontextes und zeigt sie – unter Verlassen seines Status als bloßer Intermediär – als eigenen Inhalt selbst isoliert auf seiner Seite an.“

Welche der beiden Positionen nun von Gericht eingenommen werden soll, bittet das BGH nun das EugH zu klären.

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